Das vollständige Interview können Sie hier nachlesen.

Wie erleben Sie als Vorsitzende des GA die Corona-Situation in Hann. Münden?

Zunächst einmal erlebe ich die Situation als Parteivorsitzende unseres Ortsvereins als extrem schwierig. Eine Partei lebt vom lebendigen Austausch, vom inhaltlichen Auseinandersetzen von verschiedenen Handlungsmöglichkeiten bis hin zur Entscheidungsfindung und der Durchsetzung des Mehrheitswillen. Auch wenn sich nach und nach die Coronabedingten Einschränkungen lockern, kann dieser Austausch und die inhaltliche Meinungsfindung nur stark eingeschränkt stattfinden. Viele Parteimitglieder sind per Email erreichbar, eine Telefonkonferenz oder Videokonferenz kann aber praktisch nur mit wenigen stattfinden, sodass die Partei ein wenig gehandikapt ist durch fehlenden Austausch mit vielen Mitgliedern.

Das betrifft natürlich auch unsere Mündener Gesellschaft und deckt sich mit dem, was ich als Gesellschaftsausschuss-Vorsitzende beobachte: das gesellschaftliche Leben war über Wochen „lahmgelegt“ – sozusagen im Dornröschen-Schlaf und beginnt erst langsam wieder aktiv zu werden. Was noch gilt: Es können durch das Kontaktverbot keine größeren Treffen stattfinden, kein ausgeprägtes Vereinsleben, keine großen kulturellen Veranstaltungen usw.

Viel schlimmer empfinde ich aber die Auswirkungen, die sich erst als Spätfolgen bei unseren Kindern und Familien zeigen könnten: wochenlang kein Kindergarten, keine Schulen, wo sich Kinder in ihrer Entwicklung im persönlichen Miteinander erleben. Gerade das Miteinander, das Erleben in der Gruppe ist bei allen Kindern enorm wichtig. Aber auch das Vergleichen von Leistungen, das gegenseitige Helfen in der Gruppe konnte über Wochen von den jüngeren nicht erlebt werden. Deshalb halte ich die durchlebte Corona-Situation gerade für die Familien als eine große Herausforderung, die sowohl in Hann. Münden als auch in Deutschland im Umfang ihrer Folgen noch nicht gänzlich eingeschätzt werden kann.

Welche Auswirkungen hat Corona auf die Schulen in und um Hann. Münden?

Diese Antwort sollte vor allem von den Eltern schulpflichtiger Kinder weitergeben werden. Hier können auch sicherlich Lehrer und Ratskollegen in einem anderen Interview beste Auskünfte geben.

Politisch gesehen muss viel in unsere Schulen an moderner IT-Technik investiert werden. Der Digitalunterricht hat gezeigt, dass ungleiche Voraussetzungen vorhanden waren.

Die SPD steht für soziale Gerechtigkeit. Es ist absolut nicht gerecht, wenn Unterricht in digitaler Form stattfindet und eine Gruppe von Kindern über die technischen Voraussetzungen durch Tablets oder PCs verfügt, während die sozial schwächer ausgestatteten Familien sich mit Smartphones behelfen müssen. Deshalb müssen gleiche Voraussetzungen für alle geschaffen werden, unabhängig von gesellschaftlichen Status der Herkunftsfamilie.

Außerdem ist die Aufrüstung der Schulen mit ausreichender Infrastruktur und Geräten eine Grundaufgabe, die in den nächsten Jahren unbedingt stattfinden muss.

Gibt es zusätzliche Maßnahmen für den Bereich Soziales in Hann. Münden?

Dieses ist eine sehr allgemein gehaltene Frage. Was ist unter „zusätzlichen Maßnahmen“ genau zu verstehen?

Als SPD werden wir die Situation in Hann. Münden genau analysieren müssen. Unser politisches Leben ist praktisch lahmgelegt. Wir können keine Diskussionsabende, keine politischen Frühschoppen oder andere Treffen veranstalten. Es wird keinen Wahlkampf herkömmlicher Art geben können. Wir können keine „roten Sofa“-Veranstaltungen anbieten oder SPD-Stände in der Stadt als niederschwelliges Angebot veranstalten, um mit den Menschen von Hann. Münden ins Gespräch zu kommen. Deshalb können wir als SPD diese zusätzlichen Maßnahmen, die vor allem den digitalen Bereich betreffen werden, zwar schon andenken, aber noch nicht gänzlich umsetzen.

Politische Hilfe wird ebenso der kulturelle Bereich benötigen. Gerade hier werden wir neue Wege gehen müssen. Denn z.Zt. sind alle Veranstaltungen „auf Eis gelegt“ – und das geht nicht. Münden mit seine Events hat viele aus der Umgebung angelockt – und deshalb müssen wir über „Auto-Konzerte“, von uns unterstützte Rockfestivals in neuer Form u.v.m. nachdenken.

Vor allem wird aber der bisher nicht erwähnte wirtschaftliche Bereich und der Sektor des Einzelhandels und der Gastronomie unser volles Augenmerk erhalten müssen, denn damit lebt Hann. Münden und damit muss das Leben in Hann. Münden interessant bleiben für Mündener und für unsere Gäste.

Es muss unser Ziel sein, das gesellschaftliche und soziale Leben in Hann. Münden so schnell wie möglich, aber auch gefahrlos für uns und unsere Mitmenschen wieder in Gang zu bringen. Die Vereine werden unsere Unterstützung ebenso benötigen wie die Dienstleister aus diesem Bereich. Die SPD steht für soziale Gerechtigkeit. Deshalb müssen wir mit den Gruppen genau abklären, was sie für die Zukunft brauchen und dies unterstützen. Dazu gehören Konzepte, um auch mit Corona-bedingten Einschränkungen von Vereinsleben u.a.m. wieder lebbar und erlebbar zu machen, Sport nahezu uneingeschränkt durchführbar zu machen usw..

Wie setzt sich die Politik ein, um die Auswirkungen von Corona zu lindern?

Hier müssen wir unterscheiden: die agierende Politik auf Ortsebene ist natürlich nachrangig der Bundesebene, die in erster Linie durch Gesetze und Verordnungen die Auswirkungen von Corona zu gering wie möglich zu halten.

Wir vor Ort müssen vor allem sehen, wie diese Richtlinien von uns und den anderen umgesetzt werden, um die Fallzahlen auf einem unteren Level zu halten.

Finanziell gesehen: Hann. Mündens Haushaltslage lässt leider keine freiwillige monetäre Unterstützung für betroffene Firmen und Unternehmen zu.

Gesellschaftlich gesehen: Mit unserer Hilfe werden Konzepte entwickelt, um die Auswirkungen der Coronakrise so gering wie möglich zu halten. Dazu gehören neue Wege im Bereich der Kultur, Hilfe für Familien sowie Förderung von Initiativen zur Überwindung der Coronakrise.

Wir bitten unseren Landtagsabgeordneten Gerd Hujahn, sein Augenmerk auf regionale Fördergelder zu richten und diese Hinweise an die entsprechenden Stellen weiterzugeben.



Inwieweit ist die Digitalisierung an Schulen jetzt vorangeschritten?

Diese Frage muss ich an Experten weitergeben, hier sind sowohl die Schulleitungen als auch die städtische Verwaltung gefragt, die vergangene Situation zu analysieren und die Digitalisierung konsequent auszubauen.

Haben Sie selbst einen digitalen Unterricht mal miterlebt?

Nein, das habe ich bisher weder als Betroffene noch als Angehörige miterlebt.

Wie ist Ihre persönliche Sicht auf Corona und danach?

Corona ist und bleibt eine Herausforderung für unser aller Leben. Epidemien hat es sicherlich schon viele gegeben, Pandemien ebenfalls. Sie gingen immer mit hohen menschlichen Verlusten einher. Dieses Mal soll durch die starken gesellschaftlichen Einschränkungen gerade das vermieden werden. Und die Zahlen sprechen dafür, dass alle bisher getroffenen Maßnahmen dieses Ziel erreichen lassen.

Es ist allerdings das erste Mal, dass mit einer Pandemie solchen Ausmaßes umgegangen werden muss. Für die „Nach-Corona-Zeit“ steht eine Analyse an, aus dem ein Konzept der Zukunft entwickelt werden muss. Meines Erachtens wird ein schnelleres Handeln beim nächsten Mal erforderlich sein. Für die einzelnen Bereiche wird es unterschiedliche Umgangsformen mit einem gefährlichen Krankheitserreger geben müssen. Es müssen Alternativen gesucht werden zu Schul- und Kitaschließungen, zur Belegungssperren von Krankenhausbetten, zu Verschiebungen von Operationen, von Behandlungen herkömmlicher Krankheiten und und und. Es müssen Alternativen zu solch gravierenden wirtschaftlichen Maßnahmen gefunden werden. Wir haben eine mächtige Aufgabe zu bewältigen, das gilt auch für Hann. Münden.

Was wünschen Sie sich von Stadt Hann. Münden zusätzlich in dieser Situation?

Aus jeder Krise muss man lernen und das beste für die Zukunft heraussuchen. Auch diese Krise hat gezeigt, dass mit modernen und neuen Umgangsformen ein gemeinsames Leben in Hann. Münden möglich ist. Deshalb sehe ich der Zukunft von Hann. Münden gespannt entgegen. Die SPD wird dabei helfen, das Leben in Hann. Münden interessant bleiben zu lassen.